Microworker
Aus der Galerienrückschau 2012 in der Welt.
Der Multimediakünstler Tony Oursler beweist seine Virtuosität in der Beherrschung des Maßstabs – des maximalen wie des minimalen. Seine Ausstellung „Lock 2, 4, 6“ im Kunsthaus Bregenz konzipierte er 2009 noch als megalomane Videoinstallation, die frei durch alle Ebenen des Gebäudes flottierte und weithin sichtbar auch die gläserne Hülle als gigantischen Projektionskörper vereinnahmte. In der Düsseldorfer Galerie Hans Mayer schien kaum drei Jahre später nun alles auf den denkbar kleinsten Maßstab implodiert. Oursler hat surreale Mikrokosmen modelliert, die er mittels Miniaturprojektoren zum Leben erweckt. Die analogen 3-D-Welten, nüchtern auf Stative montiert, bevölkern nun digital flirrende Geistwesen, holografische Figuren und natürlich die unheimlichen Fratzen, die ihn bekannt machten. In allen Winkeln murrt und gurrt es. Hier krabbeln winzige Schimären, dort werden skurrile Botschaften gebrabbelt. Auf Kopfhöhe angebracht, können wir uns in diesen „Microworks“ aber plötzlich auch selbst erkennen. Oursler Video-Assemblagen sind Metaphern auf die mediale Reizüberflutung, die einen ständigen Widerschein kaum fassbarer Bildfragmente in uns nachglimmen lässt. Der New Yorker pflegt jedoch keinen saturierten Kulturpessimismus am Fetisch einer informationsbesessenen Gesellschaft, sondern weiß genau, wie er dem Überfluss an Bildkonsum begegnen muss: Indem er sich bemüht, selbst immer wieder neue Bilder zu erschaffen, die den Filter im Kopf überwinden. Als „nichtpraktizierenden Phantasten“ kann man sich Oursler jedenfalls kaum vorstellen.
Tony Oursler, „Lapsed Fantasist“, 17. März – 20. Mai 2012, Galerie Hans Mayer, Düsseldorf(Die Welt)