Marcus Woeller
Kunsthistoriker & Journalist
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    Galerierundgang, Kolumne vom 5. Dezember 2013, Berlin

    Galerierundgang, Kolumne vom 5. Dezember 2013, Berlin

    6. Dezember 2013
    Author: marcus
    Category: Kunst
    Tags: Andrea Pichl, Baumarkt, Berlin, Beton, Collage, Galerie Bastian, Galerie Krome, Galerierundgang, Heiner Bastian, Installation, Joseph Beuys, Ornament, Zeichnung

     Konkrete Poesie

    taz-Kolumne Kunst: Marcus Woeller schaut sich in den Galerien von Berlin um

    Hin und wieder ertappe ich mich dabei, durch Außenbereiche von Baumärkten zu schlendern und mit interessiertem, fast gerührtem Blick die Ansammlungen von Baumaterialien für Garten und Terrasse zu betrachten. Funktionale Baustoffe von banaler Hässlichkeit, aber mit so schönen Bezeichnungen wie Senk-, Bord- und Rasengitterstein; Winkelstützecke, Pflanzring und Formkante; Dosfix, Beetfix, Mähfix. Eine ästhetische Verschandelung für jeden Heimgarten, wenn sie die Rasenkante versiegeln, mit Primeln bepflanzt die Veranda markieren oder das Schrittmaß zwischen den Rabatten festlegen. Doch befreit man die Objekte ihres schnöden Form-Follows-Function-Gedankens, entfalten sie ihre moderne Qualität als präfabrizierte Skulpturen. Die Künstlerin Andrea Pichl hat das erkannt und in der Galerie Krome einen poetischen Parcours ausgelegt, der die Baumarktprodukte aus spießiger Laubenpieperseligkeit in einen architektonischen Zusammenhang rückt. Der Alexanderplatz – auch ein Hort materieller Geschmacksunsicherheit – hat sie zur Ausstellung „delirious Dinge“ inspiriert. Aus Tiefbordsteinen legt sie eine geschwungene Einfassung und möbliert sie mit Dekorationskugeln aus Granit und zwei die „Endlose Säule“ von Constantin Brancusi zitierenden Stelen, für die sie offenbar Pflanzgefäße mit Gips ausgegossen hat. Ein Pfeil aus Begrenzungssteinen und Betonpalisaden weist den Weg auf eine Installation aus Terrassenplanken, Pseudoholzbohlen und dem postmodernen Ornament von Verkehrsflächengitterwerk.

    Aktuelle Ausstellungen von Andrea Pichl und Joseph Beuys

    Gleichfalls konkrete Poesie, allerdings auf Papier, zeigt die Galerie Bastian. 180 Zeichnungen, Aquarelle und Collagen von Joseph Beuys umfasst die Sammlung von Heiner Bastian, dem ehemaligen Sekretär des Künstlers, die sich als Dauerleihgabe im Berliner Kupferstichkabinett befindet. Beuys’ Arbeiten bestechen durch seine Zeichenkunst und die Kombination vorgefundener Dinge: Briefumschläge, Buchseiten, illustrierte Karten und getrocknetes Pflanzenmaterial. Seine meisterhafte Kompositionsgabe offenbart er im Arrangement verknitterten Packpapiers mit Kartonetiketten, in Bleistiftspuren auf Kalenderblättern oder dem malerischen Verkleckern von Wasserfarbe auf einer Papierserviette. Begleitet wird die Schau von einem herausragend fotografierten Faksimile-Katalog, der die Werke bis ins kleinste Detail ihrer Oberflächen, Knickkanten und Perforierungen plastisch reproduziert.

    Galerie Krome, bis 18. Januar, Di.–Sa., 12–18 Uhr, Potsdamer Str. 98; Galerie Bastian, bis 8. Februar, Do.–Fr., 11–17.30 Uhr, Sa., 11–16 Uhr, Am Kupfergraben 10; Katalog erschienen im Kerber Verlag. (Foto: Installationsansicht Andrea Pichl bei Krome)

    (die tageszeitung)

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    Marcus Woeller

    Ich lebe in Berlin und arbeite als freier Journalist und Redakteur. Meine Reportagen, Berichte und Kritiken über Kunst und Architektur, Mode und Design, Räume und Orte, Essen und Trinken habe ich in der tageszeitung, der Welt und der Welt am Sonntag, der Frankfurter Rundschau, dem Tages-Anzeiger Zürich, der Berliner Morgenpost, bei artnet und anderen Onlinemedien veröffentlicht Als Kulturredakteur und Textchef gab ich dem Magazin Style and the Family Tunes Inhalt und Schliff. Ich habe als Videoredakteur gearbeitet und das Projektmanagement für verschiedene Corporate-Publishing-Formate geleitet.

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